Nicht nur bei Menschen herrscht Wohnungsnot, sondern erst recht auch Bienen leiden unter akuter Lebensraumknappheit. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, lanciert BienenSchweiz anlässlich des Weltbienentags unter immobienen.ch die erste Wohnungsplattform für Bienen.
Die Vereinten Nationen haben den kommenden Montag, 20. Mai, zum Weltbienentag ernannt, denn der Schutz von Bienen ist für ein funktionierendes Ökosystem äusserst relevant: ein Drittel unserer Lebensmittel wächst ausschliesslich nach der Bestäubung durch Bienen. Doch infolge der Urbanisierung, des Einsatzes von Pestiziden oder aufgrund des Klimawandels verlieren Bienen ihre Lebensräume und das Gleichgewicht des Ökosystems gerät ins Wanken: Die Hälfte der rund 600 in der Schweiz vorkommenden Wildbienenarten sind vom Aussterben bedroht. Sie brauchen ein grosses Blütenangebot und Nistgelegenheiten, um ihren Fortbestand zu sichern und damit eine grosse Biodiversität zu ermöglichen.
Um gegen die Lebensraumknappheit der Bienen anzukämpfen, ging heute die erste Immobilienplattform für Bienen live: immobienen.ch. Rund 170 Blühflächen, sogenannte «Immobienen», können schweizweit mit einer Spende erworben werden. Die Kaufpreise variieren zwischen 30 Franken (10m²), 60 Franken (20m²) und 150 Franken (50m²). Mit diesem Betrag finanzieren «Immobienen»-Besitzer die Kosten, die den Flächenanbietern beim Anlegen der Blühfläche und der Beschaffung von geeignetem Saatgut anfallen sowie eine fachgerechte Beratung durch BienenSchweiz. Die Liegenschaften können ausserdem auch monatlich gemietet und so regelmässig mit einer Spende unterstützt werden. Denn eine bienengerechte Bewirtschaftung der Flächen benötigt intensive, teils mehrjährige, Pflege. Es sollten beispielsweise keine zufällig zusammengewürfelten Pflanzen spriessen, da viele Bienen Spezialisten sind und nur bestimmte Pflanzenarten anfliegen. Deshalb ist die Pflanzenvielfalt wichtig, die durch eine geprüfte Mischung aus bis zu 60 einheimischen Pflanzenarten ermöglicht wird.
immobienen.ch ist aufgebaut wie eine klassische Immobilienplattform, so sehen interessierte Käuferinnen und Käufer unter anderem den punktgenauen Standort der «Immobiene», die Grösse der Fläche in Quadratmetern oder welcher Ausbaustandard angeboten wird – so zum Beispiel Blumenwiese, Hecke oder Nützlingsstreifen auf Ackerfläche. Und das Beste an jeder «Immobiene»: „Haustiere“, allen voran Bienen, sind ausdrücklich erwünscht. BienenSchweiz Präsident Martin Schwegler über das heutige Go-Live: «Viele Menschen, besonders in Städten, kennen das beklemmende Gefühl der Wohnungssuche. Mit immobienen.ch haben wir eine Analogie zwischen Menschen und Bienen hergestellt, um die Not der Bienen für Menschen besser verständlich rüberzubringen. Man darf überdies nicht vergessen, dass Bienen nicht nur verzweifelt nach einer Unterkunft suchen, sondern wegen fehlender Nahrung bei der „Wohnungssuche“ auch noch entkräftet sind.»
Die Welt, wie wir sie kennen, wäre ohne Bienen undenkbar
Gemäss der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) stellt das Bienensterben ein ernstes Problem für die Welternährung dar: Pflanzen wie Kaffee, Äpfel, Mandeln, Tomaten oder Kakao könnten vollständig ausgelöscht werden und viel Gemüse und Obst müsste dann durch Reis, Mais oder Kartoffeln ersetzt werden. Das wiederum würde eine unausgewogene Ernährung mit sich bringen, die in der Folge zu vermehrter Immunschwäche und Mangelerscheinungen beim Menschen führt. 84 Prozent der in Europa angebauten Nutzpflanzen sind zumindest zu einem Teil von Insekten als Bestäuber abhängig, hierbei machen die Bienen den grössten Anteil aus. Bienen benötigen Nektar als Kohlenhydratquelle und Pollen als Eiweissquelle, beides erhalten sie grösstenteils von Blüten. Doch im Schweizer Mittelland steht nur in den Monaten April und Mai genügend Futter zur Verfügung, dabei bräuchten sie es zum Überleben zwischen März und Oktober. Bei Nahrungsknappheit erhalten Honigbienen von Imkerinnen und Imkern Zuckerwasser oder Zuckersirup als Ergänzung, was aber mit der Qualität des natürlichen Nektars nicht gleichgesetzt werden kann. Mehr Blühflächen verbessern die Gesundheit und Widerstandskraft der Honigbienen. Wildbienen haben hingegen niemanden, der sich um sie kümmert und sind deshalb vom Aussterben bedroht. Derzeit wird im blühenden Frühling die Problematik noch trügerisch verschleiert, doch ab Sommer dominiert eine grüne Wüste das Landschaftsbild, hervorgerufen durch die vielen kurz getrimmten Rasen. Stattdessen könnten in heimischen Gärten auch bunte Blumenwiesen nicht nur für frohe Farbtupfer sorgen, sondern auch als Nahrungs- und Nistquellen für Bienen dienen. Über eine halbe Million Quadratmeter konnte BienenSchweiz 2023 zum Blühen bringen, dank immobienen.ch soll sich diese Zahl noch weiter erhöhen.